Gedenkjahr 2014
100 Jahre 1. Weltkrieg


Zehn Millionen gefallene Soldaten, acht Millionen getötete Zivilisten, Millionen von Kriegsinvaliden, Hunger und Elend bis weit über das Kriegsende hinaus, das waren zähl- und sichtbare Folgen des machtpolitischen und menschenverachtenden Umganges mit dem tragischen Doppelmord von Sarajevo vor 100 Jahren. Durch Zahlen unfassbares seelisches Leid brachten die Schrecken des Krieges den Opfern und ihren Familien.

Brief

   
 

Ein Versuch des Gedenkens durch die Darstellung der Kriegsauswirkungen in einer kleinen Landgemeinde kann der Größenordnung dieses Wahnwitzes niemals gerecht werden. Die anonymen Opferzahlen werden aber auf Gemeindeebene zu vertrauten Namen und zu Schicksalen von Menschen und Familien. So wecken sie in höherem Ausmaß als nackte statistische Zahlen die persönliche Betroffenheit der Nachwelt. 116 Gefallene hatte die Pfarre Molln zu beklagen und 13 die ebenfalls zur Gemeinde gehörende Pfarre Frauenstein.

Schon zum Jahrhundertwechsel vor 15 Jahren wurde in unserem Museum anhand der Pfarr-, Schul- und Vereinschroniken auch das Gemeindegeschehen rund um den 1. Weltkrieg dokumentiert. Zahlreiche Familien steuerten dazu wertvolle Zeitdokumente bei. Besonders bewegend waren die mehr als hundert Feldpostbriefe eines Bauern , der bei der Gipfelsprengung des „Blutberges“ Col di Lana am 17. April 1916 ums Leben gekommen war. Sie gewähren einen tiefen Einblick in das Denken und Fühlen eines einfachen Mannes, dem es auferlegt war, für „Gott, Kaiser und Vaterland“ sein Leben zu opfern.

Enzensebnergut Enzensebner Unbekannt retour Rotes Kreuz Kriegskameradschaft Ehem. Kriegeraltar Ausstellung

Das erbitterte Ringen an den verschiedenen Kriegsschauplätzen wurde beispielhaft durch das Geschehen an jenen Frontabschnitten dargestellt, an denen auch Soldaten aus unserer Gemeinde ums Leben kamen. Auch dem Sanitätswesen und der Kriegsgefangenschaft wurden inhaltliche Abschnitte gewidmet.

Zum heurigen Gedenkjahr wurden die wichtigsten Teile dieser Dokumentation aus dem Archiv geholt und durch folgende Kapitel ergänzt:

  Gesprengte Gipfel  

Im erbitterten Kampf um strategisch bedeutende Gipfelstellungen an der Italienfront wurden mehrfach und wechselseitig die gegnerischen Stellungen durch Sprengstollen unterminiert und in die Luft gesprengt. Auch die Regimenter aus Oberösterreich und Salzburg, bei denen die Soldaten aus Molln überwiegend eingesetzt waren, waren maßgeblich beteiligt und entrichteten einen hohen Blutzoll. Die bekanntesten Ziele dieser Kriegshandlungen waren die Gipfel von Col di Lana , Lagazuoi , Castelletto , Monte Cimone und Monte Pasubio . Noch heute sind auf ihren Höhen und Flanken die Wunden dieser menschenverachtenden Kriegsführung sichtbar.

Morgenrot in den Dolomiten

 
  Erinnerungen an die Kriegsgefangenschaft in Sibirien  

Im September 1914 wurde Raimund Janacek , Forstadjunkt bei der gräflich-Lambergischen Forstverwaltung Molln zum Militär einberufen, im Dezember kam er an die Karpatenfront und am 27. Jänner 1915 geriet er in russische Gefangenschaft, als seine Einheit geopfert wurde, um den Rückzug des Regiments zu decken. In bewegender Weise schilderte er seinen Weg durch die Gefangenschaft , der mit immer neuen Aufenthalten in Gefangenenlagern über tausende Kilometer in die Baikalregion und bis Wladiwostok führte. Es sind Bilder einer längst entschwundenen Welt, die er als berufsbedingt aufmerksamer Beobachter vom Leben in den Weiten Sibiriens zu zeichnen versteht. Hautnah erlebte er auch die Oktoberrevolution, in deren Folge die Gefangenen mehrmals abwechselnd den weißen oder roten Revolutionstruppen ausgeliefert waren. Nach Kriegsende hatte die junge Republik Österreich kein Geld, um ihre Gefangenen aus dem fernen Osten heimzuholen. So vergingen 68 Monate, bis er auf dem von der neuen Tschechoslowakei für die Rückholung ihrer eigenen Gefangenen gecharterten US-Transporter „President Grant“ einen freien Platz fand und am 14. Oktober 1920 im nun nicht mehr österreichischen Hafen Triest wieder den Fuß auf europäischen Boden setzen konnte. Es war eine andere Welt, die er nach seiner Heimkehr vorfand.

Dieses zeitgeschichtlich überaus wertvolle Dokument konnte durch das Entgegenkommen der Familie auszugsweise und mit einem verbindenden Zwischenkommentar versehen in die Ausstellung aufgenommen werden.

Nach seiner Heimkehr trat Raimund Janacek wieder in den Lambergischen Forstdienst ein und wirkte einige Jahrzehnte als hoch angesehener Revierförster in Molln.

DI Adolf Staufer


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