Adolf KerblWagnermeister Adolf Kerbl  ::  Nachruf des Gründungsobmannes Adolf Staufer

 

 

Als der Museumverein im Jahre 1995 die Aufgabe übernahm, einen lokalen Beitrag zur dezentralen Landesausstellung 1998 zu gestalten, war klar, dass in unserer waldreichen Gemeinde das bodenständige Holzhandwerk einen wichtigen Platz einnehmen sollte. Noch fehlte uns aber ein Fachmann, der in der Lage gewesen wäre, diese Absicht fundiert umzusetzen. So kam es, dass wir uns an den Wagnermeister Adolf Kerbl wandten, von dem wir wussten, dass er nicht nur der Letzte seines Standes in der Region war, sondern auch für öffentliche Anliegen immer große Einsatzbereitschaft zeigte. Als ich ihm unsere Bitte um Mitarbeit vortrug und darauf aufmerksam machte, dass alle Arbeit ehrenamtlich erfolgen müsse, antwortete er mir: „Freilich muss man für die Allgemeinheit etwas tun, ohne dass man die Hand aufhält.“
So wurde er unser Partner und bald zeigte sich, welch wertvollen Schatz wir da gehoben hatten. Fachlich und organisatorisch höchst kompetent, voller Ideen für attraktive Gestaltungen und trotz seines schon fortgeschrittenen Alters bis zum äußersten einsatzbereit schuf er im Museum im Dorf einen Ausstellungsbereich, der noch immer Alt und Jung in seinen Bann zieht. Und die vielfältigen Handwerkzeuge und Gerätschaften eines Wagners, die wir unseren Besuchern zeigen können, stammen weitgehend aus seiner eigenen Werkstatt. Aber nicht nur das machte ihn für uns so wertvoll. Wenn immer jemand die Hilfe eines erfahrenen Praktikers brauchte, war er mit Rat und Tat zur Stelle, auch wenn das Problem gar nicht in seinem ureigenen Metier, der Holzbearbeitung, lag. Seine Geradlinigkeit, Offenheit und Hilfsbereitschaft trug viel zum Gelingen unserer Aufgabe bei, die angesichts der knappen Zeit und der angespannten Finanzierung keineswegs einfach war. Uns allen wurde er derart schon bei der Ausstellungsvorbereitung zu einem gutem Freund.

Nach der Eröffnung des Museums offenbarte sich das große Talent unseres Meisters für eine lebendige und den Besuchern nahe gehende Vermittlung unserer Inhalte und Botschaften. Er wurde zu einem gefragten Ausstellungsführer, Vorführer alter Kulturtechniken und Redner bei allen möglichen Museumsveranstaltungen. An einem 1999 ausgeschriebenen Wettbewerb, der den sagenhaftesten Typ der Eisenwurzen ermitteln sollte, nahm er trotz anfänglicher Bedenken dem Museum zuliebe teil und wurde prompt zum Sieger dieses Bewerbes gekürt. Zu allen Sonderausstellungen, die nach Ende der Landesausstellung Jahr für Jahr gestaltet wurden, konnte er mit seiner Lebenserfahrung, einer umfassenden Kenntnis der lokalen Verhältnisse und seiner großen Heimatliebe interessante Beiträge liefern. Auch ich habe über all die Jahre viel von ihm gelernt. Besonders beeindruckt hat mich einmal, wie er den Verlauf seines Lebens in materieller Hinsicht charakterisierte: „Einen goldenen Boden habe ich in meinem Handwerk nie gesehen.“

Auch als seine körperlichen Kräfte eine aktive Mitarbeit nicht mehr erlaubten, blieb er innerlich dem Museum tief verbunden. Kein Besuch bei ihm verging, ohne dass er seine Anteilnahme am aktuellen Geschehen äußerte. Mit Wehmut musste ich feststellen, wie von Besuch zu Besuch seine gesundheitlichen Probleme zu- und seine Kräfte abnahmen. Aber er fand immer wieder Gründe dafür, mit seinem Los zufrieden zu sein und die ihm auferlegten Lasten geduldig zu tragen. Bei den beiden letzten Besuchen war es anders, in seiner geradlinigen Art sprach er offen vom nahen Ende seines Daseins. Beim letzten kam ich gerade dazu, als er in die Palliativstation verlegt wurde. Die Tragweite war ihm bewusst, denn seine Abschiedsworte waren: „Vergiss mich nicht!“

Wie soll man einen Partner, Mitstreiter und guten Freund jemals vergessen, wenn man ihm über Jahre durch gemeinsame Anliegen so eng verbunden war? Für uns Museumsleute wird er lebendig und unter uns sein, sooft wir den Raum betreten, in dem er so liebevoll und kompetent „sein“ Handwerk, in dem er selbst nie einen goldenen Boden gesehen hat, auch in Zukunft unseren Besuchern nahe bringen wird.

Wir nehmen heute aber nicht nur von einem guten Freund Abschied, sondern auch vom letzten Meister der historischen Mollner Holzhandwerke. Dass wir ihm auf seinem letzten Weg mit der traditionsreichen Zunftfahne seines geliebten Handwerks das Geleit geben, soll ein bescheidenes Zeichen der Wertschätzung und des Dankes sein, den wir auch an seine Frau Gretl richten, die ihm in all den Jahren auch bei seinem Einsatz für unser Museum zur Seite gestanden ist.

Molln am 28. Juli 2012

Adolf Staufer

 

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